ANTIKEN-BEGEISTERUNG

Engel an Ravensberger Bauernhäusern

WER IM LÄNDLICHEN RAUM RUND UM BIELEFELD UND HERFORD UNTERWEGS IST, KANN SIE KAUM ÜBERSEHEN: GEFLÜGELTE ENGELSGESTALTEN BEVÖLKERN DIE BOGENZWICKEL DER TORE ZAHLREICHER BAUERNHÄUSER. KURATOR DR. LUTZ VOLMER UND FOTOGRAFIN ILSE UFFMANN HABEN GENAUER HINGESCHAUT. IN DER SONDERAUSSTELLUNG IM BAUERNHAUSMUSEUM VERRATEN SIE MEHR ÜBER DIE GESCHICHTE DER GÖTTERBOTEN, DIE RUND 160 MAL IN DER REGION VERTRETEN SIND.

Engel mit Horn und Zepter an einem Bauernhaus
in Bielefeld-Jöllenbeck von 1799,
geschaffen von Bildschnitzer Peter Henrich Niemann

Die Ausstellung zeichnet die Entwicklung des Motivs der geflügelten Engelsgestalten seit den Anfängen in der römischen Antike nach. Immer wieder dienten besonders die bis heute bekannten Triumphbögen in Rom als Inspiration für Bildhauer und Architekten. In der Ausstellung zu sehen ist als lebensfrohe, barocke Interpretation das Brandenburger Tor in Potsdam von 1770, an dem aus den antiken Niken und Victorien, die meist einen Lorbeerkranz am ausgestreckten Arm halten und damit heimkehrende Krieger empfangen, kurvenreiche barocke Engel geworden sind. In den folgenden Jahrzehnten kam es zu einer Rückbesinnung auf die Darstellungen des Originals: Die Antike war „in“. Relativ genau nach den antiken Vorbildern, aber im Maßstab erheblich verkleinert und in Holz geschnitzt sind die Göttergestalten an den Bauernhäusern der Region. „Erfunden“ wurden sie 1789 von Handwerkern aus Schildesche. Die antiken Gottheiten gefielen der Bielefelder Landbevölkerung. Sie wurden zu einem Trend und „Must-have“ für die Häuser der wohlhabenden Bauern und verbreiteten sich über Bielefeld hinaus. Bereits 1789 hatten die antiken Vorbilder jedoch einen Bedeutungswandel hin zu christlichen Engeln erfahren: Sie passten damit zu den Inschriften mit christlichen Bezügen und auch die Beigaben waren nicht Lorbeerkranz und Palmblatt. Vielmehr wurde durchgängig ein Horn beigegeben, was die Engel als von der Kunstgeschichte so bezeichnete „Jubelengel“ charakterisiert. Hinzu kam häufig ein geschulterter Stab. In einigen Gebieten, so im Raum Herford, tragen viele Engel einen Schlüssel, womit sie als Wächter des Himmels – bzw. des Hauses, an dessen Eingang sie angebracht sind –, interpretiert werden. Die Namen der Handwerker bzw. Künstler, die die Engel in das Holz der Fachwerkhäuser schnitzten, sind in einigen Fällen bekannt, in anderen aufgrund von Indizien zu vermuten: Hervor sticht Peter Henrich Niemann (1775-1851), ein Tischler aus Babenhausen. Eine Reihe der rund 20 Engel, die er zwischen 1799 und 1835 geschaffen hat, sind namentlich bezeichnet. Ein weiterer Handwerker war Hermann Henrich Schleisiek aus Großdornberg, der 1803 auch einen Engel ins Kirchengestühl der Dornberger Kirche schnitzte. Bis heute sind die Engel beliebt und vielbeachtet. Die Ausstellung im Bauernhaus Museum vermittelt mit rund 50 aktuellen Fotos von Ilse Uffmann und originalen „Engeln“ einen fundierten Überblick über das Thema. Die hochwertigen Bilder ermöglichen einen genauen Vergleich der einzelnen Engel, ihrer technischen Details und Attribute, wie Horn, Zepter, Schlüssel oder Krone. Ein vielfältiges Begleitprogramm, unter anderem mit geführten Rad- und Wandertouren, flankiert die Sonderausstellung.
www.bielefelder-bauernhausmuseum.de

BAUERNHAUSMUSEUM Bis 21.12.21

Foto: Ilse Uffmann

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