Perspektiven
Raphaela Kula
SIE TRÄGT EIN ORANGEFARBENES KLEID AUF IHRER PERFORMATIVEN ORTSERKUNDUNG, DIE IM SKULPTURENPARK DER KUNSTHALLE BEGINNT UND AN DER LUTTER IM PARK DER MENSCHENRECHTE ENDET. MIT „LOOKING FOR A PLACE//PART2“ IST IHRE KÜNSTLERISCHE INTERVENTION IM ÖFFENTLICHEN RAUM ÜBERSCHRIEBEN. AUF VIER ROUTEN HAT RAPHAELA KULA IN BIELEFELD BEKANNTE UND UNBEKANNTE ORTE ERKUNDET. VON MIT KUNST ASSOZIIERTEN BIS HIN ZU EHER KUNSTFERNEN RÄUMEN. „DINGE IN EINEM ANDEREN KONTEXT ZU SEHEN, IST EINE FRAGE DER PERSPEKTIVE“, ERKLÄRT RAPHAELA KULA IHR AKTUELLES PROJEKT.
Die Konfrontation – im positiven Sinne – ist für die Bielefelder Konzeptkünstlerin ebenso Teil ihrer künstlerischen Projekte wie die Partizipation. Und so konnten Bielefelder*innen die Künstlerin auf ihren vier Routen, in denen sie den öffentlichen Raum auf seine Möglichkeiten überprüft hat, begleiten. Vier Routen, die sie vom Bielefelder Osten in den Westen führte. Ein weiterer und damit fünfter noch geheimer Ort, wo sie sich ebenfalls temporär verortet hat, macht sie dagegen erst 2022 öffentlich. Immer aber lenkt sie durch die Positionierung ihrer Person den Blick. Sorgt damit für Irritationen und lenkt den Fokus auf das Umfeld. „Plötzlich entdeckt man den Löwenzahn, der sich vor der Wand der Kunsthalle mit seinem Grün durchsetzt“, stellt Raphaela Kula mit Blick auf das Foto fest, wo sie unter einer Bank vor der Kunsthalle liegt. Und macht damit etwas Entscheidendes sichtbar: Die Frage, wie man Orte sieht, bestimmt die Wahrnehmung.
Die Auseinandersetzung auch mit scheinbar bekannten Orten macht Raphaela Kula zu einer spannenden Entdeckungsreise und Spurensuche. „Themen der performativen Erkundung sind der Raum an sich, der Umgang mit Ungewohnten, Annäherung, Konfrontation, Kontakt“, betont die 57-Jährige, die im Ostbahnhof ihr Atelier hat. Vor zwei Jahren – noch vor der CoronaPandemie – entwickelte sie die Idee und das Konzept für „looking for a place“. Raphaela Kula hat schon viele partizipative Kunstprojekte in Bielefeld auf den Weg gebracht. Ob Malerei, Objekt, Installation oder Performance – der niedrigschwellige Zugang zu Auseinandersetzung und Annäherung spielt in ihrem künstlerischen Prozess eine wesentliche Rolle. Auch, wenn es um schwere Themen geht. So realisierte sie in den Schauräumen am Kesselbrink im Frühjahr 2021 eine Installation unter der Überschrift „Jules Schelvis, das Mordlager Sobibor und Inge Dreyer – eine Annäherung und Würdigung“. Und erinnerte damit eindrücklich an die Deportation tausender von Juden in das deutsche Vernichtungslager in Polen. „Inge Dreyer wurde in Bielefeld geboren und starb, wie ihre Familie, in Sobibor. Jules Schelvis war der einzige Überlebende seines Transports und war bis zu seinem Tod 2016 mehrfach zu Gast in Bielefeld“, erzählt Raphaela Kula, die mit ihren Kunstprojekten neugierig machen möchte. Auch im Vorbeigehen. Durchaus dem Augenblick geschuldet. Wichtig ist ihr dabei der respektvolle Umgang. Mit Menschen und mit der Umgebung. www.atelier-ostbahnhof.de