TUBA
Tiefes Blech
Sie ist imposant. Allein durch ihre Größe. Aber auch ihr tiefer und voluminösen Ton zeichnet sie aus. Ihr Spektrum: von der milden Tenorlage bis in die dunkelsten Bassregionen. Ihre Rolle: wichtig, aber zumeist unauffällig. Einer, der sich für das tiefe Blech begeistert, ist Stephan Schulze. Der 56-Jährige spielt das Instrument des Jahres 2024 in unterschiedlichen Formationen und unterrichtet an der Bielefelder Musik- und Kunstschule.
„Es ist so, als ob man eine zweite Fremdsprach lernt, wenn man mit einem anderen Blechinstrument beginnt und über Umwege zur Tuba kommt“, erklärt Stephan Schulze. Er spricht aus eigener Erfahrung. Während seines Posaunenstudiums fehlte im Hochschulensemble ein Tubist. Mit der Einstellung „so schwer kann’s doch nicht sein“ sagte er kurzerhand zu. Damit war sein Schicksal besiegelt. „Da bin ich kein Einzelfall – auch unter den Profi-Tubisten“, wie der Posaunen- und Tubalehrer weiß, der die Tuba seitdem mit wachsender Begeisterung spielt. „Ich fand die Tuba gleich super, weil ich ein Faible für die tiefen Töne habe. So wurde sie immer mehr zu ‚meinem Ding‘.“ Damit einher geht auch das Engagement für das Instrument, das bei jungen MusikerInnen oft nicht die erste Wahl ist. Stephan Schulze möchte dies ändern. Das Instrument aus seiner Ecke holen. „Sicher, sie hat eine gewisse Größe. Und als ich als Siebenjähriger mit Posaune begonnen habe, hätte ich in die Tuba wohl reingepasst“, sagt er mit einem Augenzwinkern. „Doch es gibt, wie bei vielen Instrumenten, längst auch Kleinformate, die für Kinder passen. So, wie bei der Harfe auch.“ Auch mit dem Vorurteil, dass es schwieriger ist, einer Tuba Töne zu entlocken als einer Trompete, räumt der 56-Jährige auf. „Für das Spielen einer Trompete braucht es mehr Lippenspannung und Kraft. Das ist bei der Tuba einfacher. Die Chance auch als Laie einen Ton herauszubringen, ist groß.“ Übrigens: Wie alle Blechblasinstrumente verfügt auch die Tuba über ein Mundstück, über das durch Lippenspannung und Kraft Töne produziert werden.
Und es gibt noch weitere Klischees, denen der engagierte Musiker etwas entgegensetzt. So ist das Spektrum der Tuba keinesfalls darauf begrenzt, nur „bumbum“ zu machen. „Es gibt richtig schöne Solostücke, wo die Tuba melodiös klingt“, schwärmt Stephan Schulze von der fantastischen Welt des Tubaklangs. Von tutti bis solo, von witzig bis atemberaubend – es scheint vieles möglich. Vor allem aber ist die Tuba sehr wandelbar und kann solistisch – 1954 komponierte Ralph Vaughan Williams das wahrscheinlich erste Tubakonzert der Musikgeschichte – ebenso in Erscheinung treten wie in Sinfonie- und Blasorchestern, in Big Bands, Jazz-Formationen oder in kleineren Ensembles. Denn wie alle Blechblasinstrumente ist auch die Tuba wie dafür gemacht, mit anderen zusammenzuspielen. Dieses Gemeinschaftsgefühl ist es, was Stephan Schulze, der auch das JugendJazzOrchester NRW leitet, besonders schätzt. „Daher schicke ich viele SchülerInnen ins Ensemble“, erklärt er. „Nach eineinhalb Jahren sind AnfängerInnen dafür schon richtig fit.“
Neben der Musik selbst, begeistert sich der passionierte Musiker auch für die Haptik seines Instruments. „Die Masse der Tuba ist wunderbar“, wie er betont. Der unmittelbare Körperkontakt und der Klang, den ein Tubist im Gegensatz zum Klavierspieler selbst produziert, wiegt für ihn schwer. Nur das eigentliche Gewicht einer Tuba – sie bringt zwischen 10 und 12 kg auf die Waage – ist beim Reisen nicht immer von Vorteil. „Für Auftritte in Lateinamerika habe ich deshalb auch schon mal auf meine eigene Tuba verzichtet. Allerdings musste ich dann schon auf so manchen Schätzen spielen“, erinnert er sich. „Und zwar nicht, weil es Tuben in verschiedenen Ausführungen gibt – von der Basstuba in F oder Es über Kontrabasstuben in B oder C bis hin zu Tenortuben.“ Stephan Schulze besitzt übrigens Sechs Tuben.
Kastentext
Die Tuba
Sie ist das Instruments des Jahres 2024 und nach dem Horn, der Posaune und der Trompete bereits das vierte Blechblasinstrument, das auf diese Weise in den Fokus rückt. Sie ist das tiefste Blechblasinstrument und gehört zur Familie der Bügelhörner. 1835 – von Wilhelm Wieprecht und Carl Wilhelm Moritz in Berlin patentiert – ging sie aus verschiedenen Vorläufer-Instrumenten hervor. Der Landesmusikrat Schleswig-Holstein kürt übrigens seit 2008 jedes Jahr ein Instrument des Jahres.